Kairo, 12. Dhuʻl-Hijjah, 1444
Da in manchen Teilen Deutschlands im Sommer die Dämmerung, die die Zeiten für Fadschr (Morgendämmerung) und Ischaa (Abenddämmerung) bestimmt, nicht mehr endet, wurden verschiedene Methoden entwickelt, um in dieser Zeit Gebetszeiten zu berechnen. Die Erlaubnis dafür erkennen wir aus einem Hadith des Gesandten Allahs, salla Allahu alayhi wa sallam, über das Erscheinen des Dadschaal, in dem die Sahaba fragten:
Gesandter Allahs, wie lange wird der Dadschaal auf der Erde bleiben? Er (salla Allahu alayhi wa sallam) antwortete: "Für vierzig Tage, ein Tag wie ein Jahr, ein Tag wie ein Monat und ein Tag wie eine Woche, und die restlichen Tage werden wie eure Tage sein." Die Sahaba fragten weiter: "Würde das Gebet, das für einen Tag gilt, für einen Tag ausreichen, der einem Jahr entspricht?" Daraufhin antwortete er (salla Allahu alayhi wa sallam): "Nein, aber ihr müsst die Zeit entsprechend schätzen (und dann das Gebet verrichten)." [Buchari]
Aus diesem Hadith erkennen wir, dass es notwendig ist, die Gebete zu verrichten, auch wenn die Himmelsphänomene für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr auftreten. Wir erkennen auch, dass uns in diesem Hadith keine explizite Methode genannt wird. Denn es kann keine universelle Methode geben. Dies wird deutlicher, wenn wir die Gebetszeiten in Nordeuropa und an den geographischen Polen (Nord- und Südpol) vergleichen.
Am Nord- und Südpol gibt es im Winter für viele Monate keinen Schuruk (Sonnenaufgang), Dhuhr (Mittag), Asr (Nachmittag) und Maghreb (Sonnenuntergang) mehr. Im Sommer gibt es hingegen oft nur noch Dhuhr. In Nordeuropa treten im Sommer lediglich Fadschr und Ischaa nicht mehr ein. Die anderen Gebete treten ein und müssen zur Zeit des entsprechenden Phänomens verrichtet werden. Daher beschränkt sich die Methode in Europa darauf, Fadschr und Ischaa zu schätzen.
Da uns aus der Sunnah keine explizite Methode überliefert ist, wurde diese Aufgabe den zukünftigen Generationen überlassen. Jetzt ist es möglich, Methoden zu entwickeln, die dem jeweiligen Zeitraum und Ort am besten entsprechen. Diese Methoden sollten die Gebetszeiten so realistisch wie möglich nachahmen. Es wäre unangemessen zu sagen, dass wir Ischaa 10 Minuten nach Maghreb festsetzen, nur weil unser Maghreb bereits sehr spät ist. Diese Methode wäre schlecht, da 10 Minuten nicht immer ausreichen, um Maghreb zu beten, und es keinen Ort auf der Erde gibt, an dem Ischaa in so kurzer Zeit eintritt. Man könnte jedoch sagen, dass Ischaa besonders spät festgesetzt wird, sodass es kurz vor Fajr gebetet werden kann. Aber auch das würde zu Problemen führen, wenn im Ramadan z.B. nicht genügend Zeit für das Tarawih-Gebet oder den Suhur bliebe. Es gibt keinen Ort auf der Erde, an dem Ischaa so kurz vor Fadschr eintritt. Daher ist es wünschenswert, dass die Zeiten in Beziehung zueinander stehen. Wenn zum Beispiel der Zeitraum zwischen Maghreb und Ischaa immer kürzer ist als der Zeitraum zwischen Fadschr und Schuruk, sollte dies bei der Schätzung berücksichtigt werden.
Die Schätzungen sollten auch das Wohlergehen der Menschen berücksichtigen. Eine Methode, die den Schlaf unnötig verkürzt und nur von wenigen Menschen durchgeführt werden kann, wäre nicht erstrebenswert. Der Islam ist für alle Menschen da, und dies sollte auch bei den Schätzungen berücksichtigt werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Die Schätzungen sollten die tatsächlichen Bedingungen so gut wie möglich nachahmen und für alle Muslime umsetzbar sein.
Im Folgenden wird eine Bewertung der Methoden in Deutschland basierend auf den oben genannten Empfehlungen vorgenommen. Dabei ist zu betonen, dass es in dieser Angelegenheit keine explizit richtigen oder falschen Methoden gibt. Es ist sicherlich wünschenswert, alle Kriterien zu erfüllen, aber dies würde die einzelnen Methoden nicht unbedingt ungültig machen.
Das Hinzufügen von Pufferminuten, um den Übergang von der normalen Zeit zur Schätzung zu verschleiern, ist jedoch nicht gültig. Sowohl das IZ-Aachen als auch die Diyanet verwenden solche Pufferminuten in ihren Listen und verändern die Gebetszeiten künstlich etwa zwei Wochen vor und nach der Schätzung. Dadurch enthalten diese Listen im Frühling und Herbst jeweils ungefähr zwei Wochen lang ungültige Zeiten.
Ursprünglich von der Muslim World League (MWL) herausgegeben, basiert sie auf dem relativen Jahresdurchschnitt der Gebetszeiten eines Ortes. Diese Methode stellt einen Fortschritt gegenüber der alten Methode von 1986 dar, bei der der Wert eines Ortes in Norditalien verwendet wurde. Diese Methode wurde jedoch nie offiziell angewandt. Nicht, weil sie schlecht war, sondern weil sie in ihrer ursprünglichen Form nicht praktikabel war. Die Zeiten von Ischaa und Fajr wurden künstlich durch das Hinzufügen von Pufferminuten nahe beieinander in der Nachtmitte gehalten, um die Liste ansprechender zu gestalten. Dabei wurde jedoch außer Acht gelassen, dass dies für die meisten Menschen eine Belastung darstellt und nicht den realistischen Bedingungen entspricht. Durch die Entfernung der Pufferminuten wurden diese Fehler behoben, und die Methode erfüllt nun alle drei Empfehlungen:
Diese Methode wurde von renommierten Gelehrten wie Scheich Ibn Baz, Scheich al-Fawzan, Scheich Uthaimin und Scheich Bakr Abu Zayd bestätigt. Sie verwendet die prozentuale Nachtlänge des 45. Breitengrades, um die Gebetszeiten für die Breitengrade von 48,6 bis 66,6 zu schätzen. Obwohl es sich um eine großartige Methode handelt, kann es sich unnatürlich anfühlen, nach der relativen Zeit von Mailand in Italien zu beten. Die Methode erfüllt jedoch ihren Zweck und führt zu Zeiten mit realistischen Relationen und Dauern. Es kann jedoch als Belastung empfunden werden, dass Ischaa und Fadschr im Vergleich zu anderen Methoden recht spät bzw. früh eintreffen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Seit 2014 haben sich türkisch-, arabisch- und balkanstämmige Gemeinschaften in Kommissionen zusammengeschlossen, um die Gebetszeiten in Deutschland zu vereinheitlichen. Im Jahr 2022 wurden offiziell die Gebetszeiten für das Jahr 2023 verkündet. Leider erwiesen sich die Ergebnisse nicht als vollständig einheitlich. Die Umsetzung der Methoden unterscheidet sich zwischen den türkischen und arabischen Gemeinschaften, sodass man eher von einer Vereinheitlichung innerhalb der türkischen Gemeinschaften sprechen kann. Dennoch stellt dies einen großen Fortschritt dar, da einige Gemeinschaften bis dahin jahrzehntelang ungültige Zeiten für das Fajr-Gebet angegeben haben.
Die Methode basiert auf der Scharia-Drittelung der Nacht, bei der ein Drittel zur Maghrib-Zeit addiert wird, um die Ishaa-Zeit zu bestimmen, und ein Drittel vom Schuruk-Zeitpunkt abgezogen wird, um die Fajr-Zeit zu erhalten. Das Problem besteht jedoch darin, dass die durch diese Methode berechneten Zeiten bestimmten Schwankungen unterliegen. Die Berechnung der Nachtlänge basiert auf einem bestimmten Tag im Jahr als Referenz, die sich verschieben kann, wenn die Koordinaten des Ortes leicht abweichen. Zudem erfolgt die Berechnung in einem Zeitraum, in dem die Ungenauigkeit zunimmt. Daher kann das Anwenden dieser Methode bei geringer Abweichung der Koordinaten die Gebetszeiten für den Sommer um 5-10 Minuten verschieben. Das Resultat wären unterschiedliche Gebetszeiten in ein und derselben Stadt. Auch können verschiedene Entwickler, die die Methode in ihre Websites oder Apps integrieren möchten, nicht mehr garantieren, die gleichen Zeiten zu generieren. Diese Apps hätten dann oft unterschiedliche Zeiten und würden nicht als authentisch angesehen werden, obwohl die Ungenauigkeit in der Methode selbst liegt. Möglicherweise ist dies der Grund, warum die Zeiten nur für bestimmte Orte über einen Webdienst heruntergeladen werden können.
Die Gebetszeiten des IZ-Aachen basieren ebenfalls auf der Drittelung der Nacht, jedoch ergeben sich moderate Zeiten, die im Vergleich zur vorherigen Methode eine Erleichterung darstellen. Durch die Drittelung der Nacht werden die Zeitspannen von Maghrib bis Ishaa und von Fajr bis Schuruk gleich lang. Dadurch entsprechen die relativen Zeiten jedoch nicht mehr der Realität. Außerdem basieren die Relationen der Zeiten zueinander nicht mehr auf den eigentlichen Zeiten, sondern auf der Drittelung der Nacht an einem bestimmten Tag im Jahr.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Die Zeiten der Diyanet basieren ebenfalls auf der Drittelung der Nacht, jedoch wurde der Fajr-Zeitpunkt später angesetzt, sodass nicht mehr von einer Drittelung gesprochen werden kann. Möglicherweise wurde diese Abweichung eingeführt, um die Gebetszeiten weiter zu erleichtern, obwohl man sich bereits auf die Drittelung festgelegt hatte und einen Kompromiss eingehen musste. Das Ergebnis sind Zeiten, die den Muslimen Erleichterung bieten. Aufgrund der Drittelung der Nacht stehen die Zeiten jedoch nicht in natürlichen Relationen zueinander, und durch die Verspätung des Fajr-Zeitpunkts ergibt sich ein Nachteil, da der Zeitraum von Fajr bis Schuruk nun kürzer ist als der Zeitraum von Maghrib bis Ishaa. Diese Methode generiert somit leichtere Zeiten als die des IZ-Aachen, akzeptiert jedoch eine Verzerrung der Relationen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
Bei weiteren Fragen: @muhammadmax
Die Fatwa von 1986 über die Gebetszeiten
Sheikh Uthaimin zu den Fastenzeiten im Ramadan حكم تأخير أذان الفجر ربع ساعة عن التقويم..
Schaych Abdul-Aziz Aal Asch-Schaych zu MWL
Schaych Abdurrahman Muhidin zu MWL
Sheikh Arafat: Wann endet der Ishaa?
Sheikh Ubayd: Das Zusammenfassen von Maghreb und Ishaa
Über das verbreiten von Zweifeln zu den Gebetszeiten (MWL)
Ungültige Praxis der Zeitangleichung bei den Gebetszeiten
Die Gebetszeiten-Methoden in Deutschland
Warum sind die Fastenzeiten der Islamischen Weltliga (MWL) korrekt?
Warum gibt es unterschiedliche Zeiten bei Maghrib?
Warum sind die Fastenzeiten nach der 90-Minuten-Regel nicht richtig?
Die Berechnung Mithilfe von Sichtungen oder nur auf Grundlage von Sichtungen?